erschienen im FREIZEIT & EVENT-GUIDE FRANKEN - Ausgabe August 2016
Mit rasierten Beinen spricht sich´s besser
JULIA RIEGLER SPRICHT ÜBER IHRE MOTIVE UND DEN ROMAN
Fröhlich schlendert Frau Riegler auf mich zu, als wir uns zu unserem Autoreninterview in einem Würzburger Café verabredet haben.
Dabei sticht sofort ihr kleines Tattoo am Unterarm hervor: Vollblutweib. Dieses Versprechen hält Frau Riegler ein: Sie ist ein Vollblutweib. Fröhlich, ehrlich, direkt und mit sich und der Welt im
Reinen. Sie steht zu dem, was sie tut und hat sich längst davon verabschiedet, irgendwelchen Idealen hinterherzurennen, die man ihr aufdrücken wollte. Dass dieser Weg der inneren Reifung für sie
nicht immer einfach war und vielleicht nie beendet sein wird, erfahre ich im Gespräch mit ihr. Ein wichtiger Aspekt, der bei der Bereinigung ihrer Selbstzweifel geholfen hat, ist das Schreiben
gewesen.
Dabei stand eine Veröffentlichung ihrer Texte zunächst überhaupt nicht zur Debatte. Ihr ganzer erster Roman war nicht geplant. Die fast 40-Jährige, die hauptberuflich im Büro arbeitet, hat bis dato
in ihrer Freizeit für Freunde Karten gelegt und ihre literarischen Gedanken in Gedichten und kurzen Texten für sich selbst festgehalten. Die Idee einen Roman zu schreiben kam spontan, als Frau R., so
ihr Künstlername, sich eines Sonntagnachmittags in alten Tagebucheinträgen vertiefte und beschloss, diese fantasievoll zu einer Geschichte auszuschmücken. Das Ergebnis „Wenn ein Fremder
Schneewittchen wachküsst…“ wurde in sechs Wochen in sozialer Isolation durchgeschrieben, einigen wenigen Freunden zu Leseprobe gegeben und dann nach vielen positiven Rückmeldungen zur
Veröffentlichung gebracht. Frau Riegler hat schon hier nicht nur den Mut bewiesen, ein Buch überhaupt zu veröffentlichen, sie hat sich auch gleich Themen zugewandt, über die man oft noch hinter
vorgehaltener Hand spricht. So viel sei verraten: „Fifty Shades of Grey“ ist Frau R.s Roman allenfalls eine leichte Vorspeise. Dieses erste Buch hat Frau Riegler dann auch noch bewusst unter ihrem
Pseudonym Frau R. veröffentlicht, um Menschen aus ihrem familiären und beruflichen Umfeld vor Gerede zu schützen, da solche Themen nicht bei allen auf Verständnis stoßen. Heute sieht sie das anders
und ihr Motto „Wenn du immer nur normal bist, wirst du nie außergewöhnlich sein“ hat sie zum Umdenken bewogen. Mittlerweile geht sie offensiv mit den Themen ihrer Romane um, wobei das Pseudonym
geblieben ist, aber jetzt als Markenzeichen.
Frau Riegler hat nach Veröffentlichung ihres Debütwerks viele Zuschriften von Frauen und Männern bekommen, die sich in dem Roman auf welche Art auch immer wiedergefunden haben. Und obwohl sie
eigentlich beschlossen hatte, nie wieder einen Roman zu schreiben, bewegte sie der positive Zuspruch und die Forderung nach weiteren Geschichten dazu, ihren Beschluss noch einmal zu überdenken. Es
gab noch viele Geschichten von Jule S., der Protagonistin des ersten Romans zu erzählen. Doch diesmal war die Herangehensweise eine völlig andere. Diesmal wurden zwei Versuche komplett gelöscht,
diesmal hat Frau R. vorher eine Storyline entwickelt. Und auch diesmal steht Jule S. im Mittelpunkt. Musste sie im Erstlingswerk noch wachgeküsst werden, so hört man diesmal die Geschichten einer
selbstbewussten Frau, die genau weiß, was sie will. Der Titel: „Mit rasierten Beinen spricht sich´s besser“. Und Jule S. hat wieder viel zu erzählen. Ausgangspunkt der Erzählung ist eine Wette mit
ihrer besten Freundin, in der es darum geht 20 Männer in 40 Tagen zu daten. Frau R. nimmt ihre Leser mit auf diese Reise, auf der sie allerhand lustige, skurrile, fassungslos machende und teils sehr
ernste Begegnungen mit dem anderen Geschlecht beschreibt. Sei es der Mann, der ohne Seidentuch keine sexuellen Erlebnisse haben kann, sei es der Anwalt, der vor lauter Narzissmus jeden höflichen
Umgangston vermissen lässt oder der Multimillionär, der Jule S. alles bieten kann, nur keine Menschlichkeit. Die Protagonistin erinnert sich meist mit einem Lächeln an diese Episoden zurück und auch
der Leser kann an vielen Stellen nur lachend den Kopf schütteln.
Dass es Julia Riegler aber nicht nur allein darum geht, ihre Leser auf meist lustige Weise zu unterhalten, zeigt eine besonders einprägsame Episode, in der Gewalt und Vergewaltigung eine Rolle
spielen. Hier zeigt sich die ernste Seite der Frau R., die eine Episode aus Jule S´. Vergangenheit erzählt, bei der einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Da kann man nur froh sein, dass gerade
diese Episode keinerlei autobiographische Anknüpfungspunkte hat und allein der lebendigen Fantasie der Frau R. entsprungen ist. Wie schon im vorherigen Roman stellt sich dennoch auch hier die Frage,
wie viel Julia in Jule steckt. Das verschmitzte Lächeln in Frau Rieglers Gesicht deutet zumindest daraufhin, dass sie während ihrer Recherchen auf diversen Datingseiten allerlei skurrile Männer
gedatet hat und nicht jede Person allein ihrer Fantasie entsprungen ist. Das macht den Roman und seine Figuren insgesamt auch so greifbar, da man sich als Leser jederzeit in einer glaubwürdigen und
lebendigen Welt befindet.
Gespannt darf man also auf die nächsten Werke der Julia Riegler sein, auch wenn sie ankündigt, dass ihr nächster Roman in eine völlig neue Richtung gehen wird. Dann will sie sich nämlich einer ganz
aktuellen Thematik und das Schicksal eines Flüchtlings in Deutschland beschreiben.
Eine ausführliche Leseprobe von „Mit rasierten Beinen spricht sich´s besser“ finden Sie unter www.eventguide-franken.com. Haben Sie Interesse das Buch zu erwerben, finden Sie es in den regionalen
Buchhandlungen oder gängigen Online-Shops als E-Book oder Paperback.